DIE SCHÄFER
Am Anfang war das Wort. Und das war nicht mehr ganz verständlich. Bei 1,5 Promille oder so. „Wir müssen unbedingt noch mal
was zusammen machen“, blubberte es unablässig. Wer kennt das nicht? Die Gefühle wallen. Man will die Welt umarmen (oder zumindest ein paar Bäume ausreißen).
Üblicherweise geht alles seinen normalen Gang. Dann bleibt von so einem denkwürdigen Abend allenfalls ein bohrender Schmerz unter der Hirnschale und eine dicke, pelzige Zunge im Schlund. Ansonsten:
Amnesie.
Dieses mal war alles ganz anders, denn der Rausch hatte Folgen, die bis heute nachwirken, obwohl inzwischen zehn Jahre vergangen sind. In jener Promille durchtränkten Nacht war die Geburtsstunde der
Gruppe
DIE SCHÄFER.
Kommen wir zu den Vorläufern der Erfolgstruppe, die –musikalisch gesehen- weit entfernt waren vom heutigen Stil. Uwe Erhardt hatte sich in einer Formation namens „Wurzel 49“ dem Hardrock
verschrieben. Thomas Rothfuß war bei den „Earls“ eingestiegen, die sich schon in der Region zu den Abräumern gemausert hatten . Eines Tages war bei den „Earls“ Not am Mann. Da besann sich Thomas
seines Musikerkollegen Uwe, der umgehend integriert wurde. In der Folgezeit wurde weiter eifrig gespielt. Schließlich verwandelten sich die „Earls“ in „Drops“ und außerdem in richtige
Publikumslieblinge. Die hatten jetzt Witterung aufgenommen und wollten mehr. Eine größere Anlage kam ins Haus. Das eine oder andere Gruppenmitglied spielte nun schon mal mit dem Gedanken,
hauptberuflich Popstar zu werden, nachdem sich sogar die „Bravo“, das Pflichtblatt jener jungen Generation, gemeldet hatte und die „Drops“ nach Kräften fördern wollte. Aber es kam anders. Statt
Karriere gab es Knatsch. Entweder standen größere Veränderungen der Job oder die Freundinnen im Wege. Man trennte sich.
An Peter-und-Paul 1989 fand, wie jedes Jahr, in Bretten das gleichnamige legendäre Fest statt. Dazu verwandelt sich der kleine badische Ort am ersten Juli-Wochenende in ein munteres, quirliges
mittelalterliche Gemeinwesen. Eine der Attraktionen ist dabei die Schäferei. Lagerleben pur. Wein, Weib und Gesang. Alles in historisch korrektem Outfit. Aber nicht allein deshalb zählt das
Schäferlager bei Eingeweihten zum Geheimtip. Die Truppe hat ihre eigenen Barden, die zu vorgerückter Stunde die Klampfe ergreifen und aus vollem Halse altes Liedgut schmettern.
Beim letzten Abendmahl, es war das elfte Viertele oder so, kam es eben zu den denkwürdigen Worten („Wir müssen noch einmal zusammen etwas machen.“), die tatsächlich umgesetzt wurden. Schon der erste
Versuch, „Der alte Schäfer von Bartholomä“, endete mit einem Plattenvertrag. Das brachte allerdings Thomas und Uwe in eine unangenehme Situation. Sie waren nur zu Zweit. Ihnen schwebte aber eine
richtige Gruppe vor, mit Schäferinnen. Also fragte man bei den Kolleginnen vom Brauchtum nach und fand kongeniale Partnerinnen in Edith, Sabine und Heike.
Gleich die zweite Single katapultierte das nicht nur farbenfrohe Quintett in der Olymp der Volktümlichen, gleich neben Zeus Patrick und Hera Angela. „Ich lebe gern in diesem Land“ war das richtige
Lied (und das richtige Einstands-Album) zur richtigen Zeit. 1991 war die Zeit der Wende, Zeit der Freude über die wiedergewonnene Einheit. Da war es gut, so zu singen. Denn es sprach den Leuten aus
dem Herzen. Gerade bei den Auftritten in Leuna oder Wernesgrün, in Suhl oder Chemnitz, in Schwerin oder Magdeburg wurde es immer sehr still, wenn dieses Lied erklang. Augen strahlten (und wurden in
der Dunkelheit des Saales auch öfters mal feucht) vor Freude. Die Nation wollte DIE SCHÄFER hören und sehen. Man nutzte die Gunst der Stunde. Das zweite Album wurde eingespielt und am 28.09.1992
veröffentlicht. Der beziehungsreiche Titel „Wenn die Heidschnucken“. Am selben Tag bekamen die fünf Frischlinge in Ludwigshafen „Die Goldene Stimmgabel“ für das (volkstümliche) Lied des Jahres
überreicht.
Obwohl alles zum Besten stand und die Karrierekurve steil nach oben zeigte, machte sich hinter den fröhlichen Kulissen Wehmut breit. Edith, Heike und Sabine waren schwer verunsichert. Es ging für sie
alles etwas zu schnell. DIE SCHÄFER hatten ja alle noch einen Hauptberuf. Also mußte für jeden Einsatz eigens Urlaub beantragt werden. Die Fragen des Chefs wurden von Mal zu Mal bohrender, die
Genehmigungen immer widerwilliger erteilt. Außerdem schmolzen die Ferientage wie der Schnee in der Sonne dahin. Die Folge: der Haussegen hing auch des öfteren schief. Das ging den Mädchen gegen den
Strich. Sie zogen die Reißleine. Jetzt war guter Rat teuer. Neue Mädel brauchte die Gruppe. Und zwar fix. CCG hieß die Antwort: Christine, Caro und Gabi.
Inzwischen waren DIE SCHÄFER ins Profilager gewechselt und gingen mit MARIANNE&MICHAEL, CARMEN NEBEL, RAMONE LEISS oder den STEINERS auf Tournee. Oder sie machten sich auf die Socken zu r
nächsten Fernsehsendung oder zum Hörfunk oder zu einem Einzelauftritt. Besonders „Sag mir, wo ist der Himmel“, die SCHÄFER-Single mit Pia, der kleinen Nichte von Uwe, bringt die Barfüßler in
Terminnöte. Die Freizeit wurde immer knapper. Da streikte Christine, die sowieso schon immer davon träumte sich solistisch zu verwirklichen. Ihre Devise: lieber Musette als Volksmusik.
Das Akkordeon wechselte, das „C“ blieb. Claudia kam. Die Krankenschwester aus Donaueschingen, gesegnet mit einem unerschütterlichen Humor und stoischer Ruhe, wurde mit offenen Armen aufgenommen und
fühlte sich sehr schnell zuhause. Und weiter ging’s: Fernsehen satt. Stammgäste auf den vorderen Plätzen der Hitparaden. Ausgedehnte Tourneen. Plattenproduktionen. „Soll das alles für mich gewesen
sein?“ , fragte sich eines Tages Caro und gab auch gleich die Antwort „Nein!“ Zwei Jahre Sturm und Drang waren ihr genug. Sie zog sich ins Privatleben zurück, nahm ihr abgebrochenes Studium wieder
auf, führte es zu Ende und heiratete kurze Zeit später.
Gabi, die Mutter der Kompanie, hielt drei Jahre länger durch. Zwei kleine Kinder kann man nicht so ohne weiteres 200 Tage (oder mehr) im Jahr alleine zuhause lassen.
„Komm wir ziehen los“, schlugen die verbliebenen dem unbeschwerten Cabriogirl (VW Golf) Bianca vor. Es fackelte nicht lange, sondern schlug ein. Gerademal 19 Jahr, blondes Haar, frech wie Oskar und
gerade mit der Matura geadelt. Viel Zeit ließen DIE SCHÄFER ihrem Küken nicht zur Akklimatisation. Das achte Album mußte produziert werden (eben „Komm wir ziehen los“) und der Schäferwagen war
logischerweise auch schon wieder bis zum Himmel gepackt. Die Straße wartete. „Sing der Sonne ein Lied“ (Album Nr. 9) ist deshalb die angesagte Devise. Und: es hilft. Nicht immer. Aber immer öfters.
Denn lange Zeit war es ausgemacht, daß bei Außendrehs mit den SCHÄFERn auch ein Sauwetter herrschen mußte. Ob „Zauberhafte Heimat“ oder „So schön ist unser Deutschland“,ob „So schön ist unser
Brandenburg“, oder „Sonntagskonzert“ – es pfiff der Wind und schüttete wie aus Eimern, daß es sich eher gelohnt hätte „Barfuß im Regen“ zu singen als „Wenn ein Schäfer barfuß tanzt“ oder „Das
Zauberwort“. Am ehesten passte noch „Kopf hoch“.
Doch langsam bessert sich das Verhältnis der Gruppe zu den Naturgewalten.
„Miteinander“ (Album Nr.10) feiern DIE SCHÄFER nun ihr Dezennium. Und dabei könne sie auf eine ordentliche Statistik zurückblicken: Zehn, das sind
- 1.000.000 km auf der Straße (mindestens)
- 1.000.000 unterschriebene Autogrammkarten (mindestens)
- 10 Kolleginnen, in der Gruppe
Conny, Heike Sabine von 01.01.91 bis 06.05.91
Edith, Heike, Sabine von 06.05.91 bis 01.04.93
Caro, Christine, Gabi von 01.04.93 bis 01.11.93
Claudia, Caro, Gabi von 01.11.93 bis 30.06.94
Claudia, Gabi von 01.07.94 bis 31.08.98
Claudia, Bianca von 01.09.98 bis 31.12.2002
Carla, Bianca von 01.01.2003
Pia – die „Kleine“ hat immer mal wieder ins Geschehen eingegriffen („Sag mir, wo ist der Himmel“)
„Mutter der erste Sonnenstrahl“, „Der goldene Stern“, „Kleine Wunder“, „Hast Du die Sterne gefragt“) . Inzwischen ist aus ihr eine sehr erfolgreiche Dressurreiterin geworden, von der –so die Auguren-
man noch einiges zu hören und sehen bekommen wird.
Stefanie kam leider über einen Einsatz nicht hinaus.
- 1.000 Stopps bei McDonalds (mindestens)- alleine nur für Claudia,
die Burger-Queen
- 1.500 Currywürste
- 2.000 Tankstopps
- 2.000 Hotelübernachtungen
- 500kg Spaghetti
- 500,00 DM Toilettengebühren auf Deutschlands Autobahnen
- 500 Wochen in den „Top 20 Airplays“ von MEDIA CONTROL
- 13 Alben
- 5 Kinder (2 Gabi, 2 Thomas, 1 Uwe)
- 2 Videos.
„Und - Wir sorgen weiter für Bewegung“
DIE SCHÄFER und Langeweile, das passte noch nie zusammen. Deutschlands bekannteste Barfußgeher sorgten immer für kleinere oder größere Überraschungen.
Eine ganz besondere haben sie sich für das Jahresende 2000 aufbewahrt. Frontmann und Gründungsmitglied Thomas Rothfuß hat zum Ende des alten Jahrtausends den Schäferstab aus der Hand gegeben und
wieder Socken und Schuhe anzogen.
Nach weit über 450.000 verkauften Alben, den oben genannten Auflistungen und einer erfolgreich verlaufenen Tournee im Dienste der SCHÄFER möchte er sich einen lang gehegten Wunsch erfüllen und eine
solistische Karriere anstreben.
Seinen Platz nahm nun der Sonnyboy Michael Kastel (33 Jahre) ein.
Der Vollblutmusiker machte durch selbst besungene Produktionen auf sich aufmerksam, die er dem Produzenten der SCHÄFER zugeschickt hatte.
Den Ausschlag gab dann letztendlich ein Test im November, den Michael Kastel mit Bravour bestand.
Seit dem 01.03.2001 sind DIE SCHÄFER nun mit dieser neuen Formation unterwegs.
Wer aber denkt das es dies nun gewesen sein soll irrt.
Nach den Alben elf (Voll im Leben) und zwölf (Ich glaub das nennt man Glück) beschloss Claudia nach 9 Jahren Zugehörigkeit zur Gruppe diese zum Ende des Jahres 2002 zu verlassen.
Sie will sich wieder ins Privatleben und in ihren alten Beruf als Krankenschwester zurückziehen. Wieder einmal hiess das Motto suchen.
Und wir wurden wieder fündig. Im Schwarzwald, Nähe Rottweil, gibt es eine Musikpädagogin namens Carla. Und genau dorthin führte uns unsere Suche.
Nach ersten Gesprächen stand fest, Carla spielt ab dem 01.01.2003 das Akkordeon bei uns. Wir sind auch dieses Mal sicher, dass wir eine gute Wahl getroffen haben. Somit bestätigt sich
unser Sprichwort wieder: Das einzig Beständige ist die Veränderung!!